Kommentar :Mein Konzept und ich
Konzept hier, Konzept da. Wenn man den Journalisten glauben mag, war das, was hinter diesem Begriff steckt, für den Fußball bislang vollkommen unbekannt. Trainergrößen wie Pep Guardiola oder Joachim Löw haben das Konzept erst erfunden, sagt der Journalist. Vollkommener Quatsch, sagt Benjamin Gries.
Unter einem Konzept versteht man im Fußball einen detaillierten Plan, der überwiegend von jungen Trainern häufig zu Beginn ihrer Laufbahn entwickelt und dann über einen langfristigen Zeitraum verfolgt wird. Nichts Neues, aber der Begriff des Konzepts hat Mode: kaum eine Woche vergeht, ohne dass er von intellektuellen Journalisten und ambitionierten Trainern aufgegriffen wird.
Die Idee des Konzepts klingt plausibel. Jeder Trainer – egal, ob er mit Profis oder mit Amateuren, mit Erwachsenen oder mit Kindern zusammen arbeitet – sollte eine eigene Idee bzw. einen eigenen Plan haben, wie er Fußball trainieren bzw. spielen lassen möchte. Wer keine detaillierte Idee und/oder keinen detaillierten Plan hat, hat verloren. Oder?
Oder.
Natürlich bedarf es eines klaren Plans und natürlich hat dieser erheblichen Einfluss auf den Erfolg oder Misserfolg eines Trainers. Zugleich macht es den Reiz des Fußballs aus, dass er nicht vollständig planbar ist. Es darf bspw. bezweifelt werden, dass Konzepte allumfassend sein können. Und wer hat bitteschön noch nie erlebt, dass man auch mit einem eigentlich guten Plan nicht erfolgreich sein kann?
Es scheint in Mode zu sein, dass jeder Trainer nicht mehr nur einen einfachen Plan, sondern gleich ein ganzes, wenn vielleicht auch schwachsinniges Konzept verfolgt. Wird man so zum Konzept-Trainer? Die Theorie führt den Begriff ad absurdum – sie beleidigt jeden, der nicht ständig als Konzept-Trainer betitelt wird, mehr oder weniger der Planlosigkeit, und deklariert jeden Idioten, der einen noch so schlechten Plan vorweisen kann, zum allumfassenden Genie. Ein Trugschluss.
Markus Weinzierl ist beispielsweise jemand, von dessen tollen Ideen und Plänen man eher selten liest und vermutlich niemand, den man als typischen Konzept-Trainer bezeichnen würde. Nichtsdestotrotz ist er mit Augsburg seit vielen Jahren sehr erfolgreich. Vielleicht sogar gerade deshalb? Ist Markus Weinzierl vielleicht gar ein Kein-Konzept-Trainer?
Diese Idee gefällt mir. Irgendwie kann ich mich damit identifizieren. Ab sofort bin ich ein Kein-Konzept-Trainer. Vielleicht hilft es ja manchmal sogar, seinen eigenen Plan gar nicht so richtig gut zu kennen. Dann ist alles gleich viel einfacher und unkomplizierter.
Übrigens: unser Verein bildet gerade neun sogenannte Konzept-Trainer und einen sogenannten Kein-Konzept-Trainer (ja, ich!) aus. Im Rahmen der Trainerlizenz lernen die insgesamt zehn Bielsteiner Anwärter lauter interessante theoretische und praktische Ansätze – näher gebracht von den zahlreichen kompetenten und zugleich witzigen Menschen, die den Lehrgang des Fußballkreises Berg leiten. Die Teilnahme lohnt sich – haben mir jedenfalls die Leute mit Konzept im Kopf erzählt.