Kommentar :Verantwortungslos
Trotz stark ansteigender Corona-Infektionszahlen und einem immer konfuseren Spielplan hält der Fußballverband Mittelrhein weiterhin am normalen Spielbetrieb fest. Schlimmer noch: Verdachtsfälle behandelt man insbesondere auf der Verbandsebene stiefmütterlich und verweist bei Protesten lapidar auf seine Statuten. Das ist verantwortungslos, findet Benjamin Gries.
Als unsere Nachbarn aus Wiehl am letzten Wochenende ihr Spiel absagten, weil es beim Gegner aus Hohkeppel einen Corona-Fall im Betreuerstab gab, war die Aufregung im Fußballkreis Berg groß. Während man sich in Wiehl (verständlicherweise) um die Gesundheit seiner Trainer und Spieler sorgte, sah man das ganze beim Gast aus Hohkeppel trotz anfänglich ähnlicher Bedenken und eines zwischenzeitlichen Antrags auf Spielverlegung mittlerweile als nicht mehr so dramatisch an. Interne Recherchen hätten ergeben, „dass die Situation weniger kritisch sei als zunächst angenommen“. Diese Recherchen reichten dem Fußballverband Mittelrhein, der den Spielbetrieb auf Verbandsebene koordiniert, um den Antrag auf Spielverlegung mit Verweis auf Paragraph 47a der Spielordnung des Westdeutschen Fußballverbandes abzulehnen. In einer offiziellen Stellungnahme kommt der FV Wiehl zum Schluss: „Die weitere Bewertung, insbesondere ob sich Spieler der Landesliga-Mannschaft des SV Eintracht Hohkeppel infolge Kontakt der positiv getesteten Person infiziert haben, überlässt der Staffelleiter der Bewertung dem SV Eintracht Hohkeppel, da bisher keine behördliche Anordnung gegen Spieler des Vereins ergangen sei beziehungsweise man hierüber keine Kenntnis habe.“
Diese Aussage ist ein Fiasko.
Fataler Umgang
Wenn die Bewertung darüber, ob ein Infektionsrisiko besteht oder nicht, ausschließlich dem Ottonormalbürger und nicht (auch) einem Gesundheitsexperten überlassen wird, ist das schlichtweg ein Armutszeugnis für den deutschen Amateurfußball und die handelnden Personen.
Es ist ein ohnehin sehr fragwürdiges Schauspiel, trotz stark ansteigender Corona-Infektionszahlen einen normalen Spielbetrieb aufrecht erhalten zu wollen.
Dass sich das Coronavirus in den kalten Jahreszeiten stärker ausbreiten wird als es im Sommer der Fall war, war für jeden frühzeitig absehbar, der morgens nicht ausschließlich die Bildzeitung durchblättert. Dass es am Ende dann tatsächlich genauso kam, sollte demnach niemanden überraschen. So wurden im Laufe des Septembers und Oktobers immer mehr Fälle bekannt, die ihre Ursache zunächst im schulischen, später dann auch im beruflichen sowie im privaten Umfeld hatten. Die Folge: Immer mehr Spielabsagen, die den Spielplan weniger wie einen Plan als vielmehr wie eine unverbindliche Idee dastehen lassen.
Pragmatische Lösungen
Was kann man also tun?
Statt lapidar auf die eigenen Paragraphen und Aussagen von Vereinsvertretern zu verweisen, sollte der Fußballverband Mittelrhein schleunigst seinen Umgang mit dem Coronavirus hinterfragen. Wie es geht, zeigen ausgerechnet die Verantwortlichen des Fußballkreises Berg. Während man dort in der Vergangenheit häufig wie Roboter den Vorgaben des Fußballverbands folgte, agiert man nun pragmatisch und setzt Partien bei Verdachtsfällen sofort ab (so geschehen beispielsweise beim Spiel unserer Ersten Herren gegen Waldbröl). Zwar hat man auch im Fußballkreis Berg keinen Plan B (wie man vor einigen Wochen bereits selber zugab) – man tut aber alles dafür, dass sich das Coronavirus nicht noch weiter ausbreitet.
Man sollte meinen, dass das auch im Sinne des Fußballverbands Mittelrhein ist.
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