Kabinengespräch :Thomas Rothe: „Spaß an der Sache nicht vergessen“
Eine Legende feiert sein Jubiläum: Thomas Rothe ist seit seinem zehnten Lebensjahr Mitglied unseres Vereins und hat in dieser Zeit einiges erlebt. Wie er mit Rückschlägen umgeht und was er in einer zweiten Amtszeit als stellvertretender Vorsitzender ändern würde, kann im ersten Teil unseres Gespräches nachgelesen werden.
Thomas, zu erst einmal herzlichen Glückwunsch zu deinem Jubiläum. Verrätst du uns dein Alter?
(grinst verschämt) 45 Jahre.
Unsere Damen würden jetzt sagen, dass man dir das nicht ansieht. Nüchtern betrachtet stellt man dagegen fest: ganze 35 Jahre bist du nun schon Mitglied des BSV Bielstein. Dabei hast du vom Junioren- über den Seniorenspieler bis hin zum Trainer und Job des stellvertretenden Vorsitzenden alles erlebt. Heute bist du unser Mann für die Öffentlichkeitsarbeit. Was hat dir persönlich am meisten Spaß gemacht?
(überlegt) Zunächst einmal hat mir die Tätigkeit als Juniorentrainer immer sehr viel Freude bereitet. Ich habe sämtliche Mannschaften trainiert – von der U7 bis zur U19. Das hat die Identifikation mit dem Verein enorm geprägt. Aber auch der Job als stellvertretender Vorsitzender oder Juniorenleiter war sehr schön. Toll war auch die Organisation des Karnevalsfests. Das war immer ein Highlight und hat mich persönlich extrem motiviert.
Das sind gleich vier Tätigkeiten. Welche Aufgabe war deine schönste?
(überlegt) Die Tätigkeit als Juniorentrainer gefiel mir vermutlich am besten.
In deiner aktiven Zeit warst du ein unermüdlicher Abwehrspieler, der wahlweise auch im Mittelfeld gespielt hat. Worauf konnte sich dein Gegenspieler während der 90 Minuten (nicht) freuen?
Dass ich hinter ihm stand. (lacht)
Du hast in den Senioren selbst noch in der Kreisliga A gespielt, warst dabei ziemlich erfolgreich. Was war das Geheimnis eurer Truppe?
Ganz klar die mannschaftliche Geschlossenheit. Wir konnten halt einfach gut feiern. Wir haben uns auch bewusst dazu entschieden, den Spaß an der Sache nicht zu vergessen. Die Truppe an sich hat einfach unheimlich viel Spaß gemacht, hielt sehr gut zusammen und auch der Trainer Jürgen Behrend war einfach ein toller Trainer – ein Fußballverrückter.
Nicht nur als Seniorenspieler, sondern auch als Trainer von einigen Juniorenmannschaften hast du viel Erfahrung sammeln dürfen. Worauf kommt es im Umgang mit unseren Jüngsten an?
Die Sensibilität für die unterschiedlichen sozialen Aspekte zu erkennen, halte ich für enorm wichtig – wo jemand herkommt und welche unterschiedlichen Typen in der Mannschaft spielen. Diese Typen zu einer Einheit zu formen, ist die Herausforderung. Dazu muss ich vielleicht kurz ausholen: in der damaligen Zeit sprach man seine Mitspieler oft mit ihrem Nachnamen an – Müller, Rothe, Schmidt. Als ich Trainer wurde, durften sich die Spieler meiner Mannschaften nur noch mit Vornamen rufen. Für mich war das der Grundsatz eines respektvollen Umgangs. Außerdem war es für mich immer wichtig, auch die schwächeren Spieler mitnehmen. Auch ein Ersatzspieler, der vielleicht nicht ganz so gut war, hat bei mir immer seine Einsatzzeiten bekommt. Das ging dann sogar soweit, dass ich in den Schlussminuten des letzten Spiels einer Saison einen dieser Spieler eingesetzt habe, der nicht spielberechtigt war. Wir gewannen das Spiel zwar 2:1. Unser damaliger Gegner Dieringhausen aber hatte aufgepasst und legte Einspruch ein. Das Spiel wurde am runden Tisch schließlich 2:0 für Dieringhausen gewertet. Das hat uns den Staffelsieg gekostet. Natürlich habe ich mich darüber geärgert, ich habe ihn ja nur fünf Minuten spielen lassen und er hat auch keinen Einfluss mehr auf den Spielstand genommmen. Mir war es aber wichtig, auch ihn am Sieg teilnehmen zu lassen. Letztlich war es schon enttäuschend. Aber man macht halt auch seine Erfahrungen.
Welchen Herausforderungen sieht sich ein Trainer heute im Gegensatz zu früher konfrontiert?
Die Kinder und Jugendlichen sind heute einfach selbstbewusster – im Umgang mit sich selbst, aber auch allen anderen Gegebenheiten. Sie sind offener für neue Sachen, ducken sich auch weniger. Trotzalledem müssen die Kinder und Jugendlichen auch heutzutage noch verstehen, dass der Fußball ein Mannschaftssportart ist. Das heißt, dass man sich immer noch im Sinne der Mannschaft unterordnen muss. Gleichzeitig sollen sie aber auch auch ein gewisses Maß an Selbstbewusstsein entwickeln. Diesen Spagat zu schaffen, ist als Spieler, aber vor allem auch als Trainer, unheimlich schwierig geworden.
Du warst zwischen 1996 und 2000 und 2002 bis 2006 unser stellvertretender Vorsitzender. Dabei gab es nicht nur schöne Momente. Dem späteren Rücktritt war ein gewaltiges Erdbeben im Verein vorausgegangen. Wie hast du die Zeit damals erlebt?
Es war definitiv eine der schlimmsten Zeiten, die ich mitgemacht habe – auch privat. Unser Verein war damals ein Verein, mit dem man sich zwar immer noch total identifiziert hat, gleichzeitig aber vieles nicht mehr wirklich rund lief. Damals habe ich gelernt, dass ein bisschen Abstand zu vielen Dingen notwendig ist. Für mich persönlich habe ich daraus die Lehre gezogen, dass man auch als Vorstand nicht jeden Konflikt lösen kann. Man muss die Last auf mehreren Schultern verteilen. Das ist wichtig und war damals definitiv nicht mehr so. Ich habe versucht, jedem zu helfen und das funktioniert in einem Verein mit mehr als 300 Mitgliedern einfach nicht.
Einige Erfahrungen hast du bereits angesprochen, welche weiteren Schlüsse hast du aus der damaligen Situation für dich gezogen?
Wichtig ist, dass man Probleme anspricht, wenn sie auftauchen. Du musst die Probleme offensiv lösen. Eine Gruppenbildung im Verein ist absolut tödlich. Man wird das zwar nie ausschließen können, aber man sollte immer dagegen wirken.
Wie bereits zuvor schon erwähnt, verbringt man gerade als Vorstand kaum eine Minute ohne einen Gedanken an den Verein. Für dich damals Freude oder Last?
(überlegt) Zum späteren Zeitpunkt war der Job eine Last für mich. Man hat alles hinten angestellt und sich nur noch um die Probleme und Konflikte im BSV Bielstein gekümmert. So wurde es letztlich auch deshalb zu einer persönlichen Anstrengung, weil das Privatleben darunter litt und man jeden Tag mit irgendwelchen neuen Dingen konfrontiert wurde. Zudem war der Verein damals noch nicht so aufgestellt, wie er es heute ist. Das heißt aber nicht, dass wir schlecht gearbeitet haben. Im Gegenteil: Wir haben das Karnevalsfest zu einem großen Erfolg gemacht, haben sportlich zwei Aufstiege in die Kreisliga A miterlebt und auch den Finanzen ging es nicht ganz so schlecht.
Du arbeitest bei der Bezirksregierung in Köln, hast dadurch viele Kontakte zu bekannten Bands und Künstlern und gilst generell als offener und lebenslustiger Mensch. Bis vor kurzem warst du noch – neben deinem Job als Mann der Öffentlichkeitsarbeit – für die Organisation von unseren Veranstaltungen hauptverantwortlicher Ansprechpartner. Du hilfst Ronnie auch heute noch, wo du nur kannst. Bist du ein unermüdliches Feierbiest?
Ja, eindeutig. Ich feiere gerne, insbesondere auch mit unseren Mannschaften zusammen. Da spielt auch das Alter überhaupt keine Rolle – ob ich mit einem 16-Jährigen oder einem 60-Jährigen feiere, ist mir egal. Ich finde diese Feiern total wichtig, weil das letztlich die Identifikation mit dem Verein stärkt. Gerade die Damen hatten in den letzten Jahren ihren Anteil daran, dass diese Feiern durchgeführt wurden – egal ob jetzt Halloween, Mallorcafeier, das Sommerfest oder das Oktoberfest. Es freut mich einfach, dass die Frauen da sehr engagiert sind und oftmals eben auch die Vorreiterrolle in den letzten Jahren inne hatten – egal ob bei den Veranstaltungen oder beim Helfen wie beim Kellnern auf den Karnevalssitzungen. Sie haben einen sehr großen Anteil daran, dass der Verein einfach ein Stück weit sozialer geworden ist. Ich finde, das passt einfach. Man sieht das ja auch an der Pärchenbildung hier im Verein: Ronnie und Katrina, Kenny und Nici oder David und Goli. Das ist schon eine tolle Sache.
Warum hast du dich dann nun für die Öffentlichkeitsarbeit entschieden?
(überlegt) Ich finde es wichtig, dass man den Verein nach außen hin gut darstellt. Und da habe ich mit dir ja nun ein Pendant gefunden, der auch auf gewisse Werte achtet. Es ist wichtig, dass man ein gewisses Auftreten als Verein hat, etwas professioneller wirkt und sich – wie gesagt – einfach nach außen hin gut darstellt. Natürlich auch, um Sponsoren zu finden und den allgemeinen Eindruck zu verbessern. Ich finde es zum Beispiel auch extrem wichtig, dass wir uns auf dem Sportplatz ordentlich und fair verhalten. Auch deshalb ist die Öffentlichkeitsarbeit heute einfach ein extrem wichtiger Bestandteil im Verein. Bei den Medien, der Bevölkerung, den Kindern und Jugendlichen Präsenz zu zeigen, ist eine der wichtigsten Sachen überhaupt. Mir macht das Spaß und ich finde es auch einfach unheimlich interessant, was bei den Interviews oder den Presseberichten, die man so schreibt, hinterher herauskommt. Interessant ist vor allem, ob man dort so dargestellt wird, wie man es sich wünscht.
In deiner Rolle als PR-Chef: Wenn du ein Kind davon überzeugen wölltest, zum BSV zu kommen und nur drei Worte hättest, um ihm unseren Verein schmackhaft zu machen: welche Worte wären das?
(überlegt) Zusammenhalt, Motivation, Spaß.
Thomas, wir kommen zum Ende. Meine letzten beiden Fragen an dich: Gibt es Dinge im Verein, die du in einer zweiten Amtszeit als Vorsitzender unbedingt ändern würdest? Wenn ja, welche?
(überlegt lange) Ich würde alles daran setzen, das Vereinshaus zu renovieren. Das wäre für mich eine ganz wichtige Sache, weil das Vereinshaus der Ort ist, wo sich der Verein trifft. Ich würde es noch schöner gestalten wollen, denn im Vereinshaus sollte man sich wohlfühlen. Die Mitglieder sollen dort die Geselligkeit pflegen. Es wäre zum Beispiel auch schön, wenn hier ein Schreibtisch mit Büro und Computer stehen würde. Natürlich wünsche ich mir auch einen Kunstrasen – der ist ganz wichtig für den Fortbestand des Vereins. Da sind wir nun auch auf einem sehr guten Weg. Generell halte ich es für richtig, dass wir die Last auf mehreren Schultern verteilen – das würde ich auch weiterhin so verfolgen wollen. Exemplarisch dafür steht das Kunstrasenteam, für das wir auch verdiente Vereinsmitglieder gewinnen konnten. Aber auch allgemein: Wenn man selber mal dahinter blickt, was ein geschäftsführender Vorstand, die Beisitzer oder natürlich auch die Trainer leisten, bekommt man zu vielen Dingen, die man als Spieler gar nicht so wahrnimmt, eine ganz andere Einstellung. Das betrifft die Finanzen, aber auch die Organisation – die Arbeit, die Stunden, die man rein steckt. Diesen Aufwand würde ich einfach versuchen, den Leuten näherzubringen, sodass sie sich vielleicht (noch mehr) beteiligen. Das Bestreben muss demnach sein, so viele Leute wie möglich in das Vereinsleben einzubinden und ihnen die Angst vor der Verantwortung zu nehmen. Letztlich macht das Ehrenamt total viel Spaß, gerade auch der Job des Trainers. Zumindest mir hat das immer unheimlich viel gegeben, die individuelle Entwicklung der Kinder und Jugendlichen zu beobachten. Ob man die Saison nachher gut oder schlecht abschneidet, halte ich für nicht so wichtig wie den Fortschritt der einzelnen Spieler. Es ist das erhebenste Gefühl für einen Trainer, in dieser Hinsicht etwas geleistet zu haben. Es gibt im Verein auch keinen Trainer, der nicht wichtig ist – alle unsere Trainer leisten einfach wahnsinnig gute soziale Arbeit. Unser Verein steht eben auch dafür, integrativ und gut zu arbeiten. Wir hatten bspw. auch oft schon benachteiligte oder behinderte Jugendliche im Verein, die aber irgendwo immer mitgenommen worden sind. Es ist schön, dass wir ein Verein sind, der für alle offen bzw. für jeden da ist und dass es nicht immer nur nach Leistung geht. Wir sind kein Bundesligaverein. Wir mögen eine lokale Größe sein, vordergründig aber eben ein Kreisligaverein. Letztendlich sind wir vor allem ein Sammelbecken für alle sozialen Schichten und das ist auch richtig so. Die Mischung macht's. Und die ist in all den Jahren bei uns immer sehr, sehr gut gewesen.
Thomas, wir bedanken uns bei dir für diese tollen ausführlichen Antworten, gratulieren dir noch einmal recht herzlich zum Jubiläum und freuen uns auf die nächsten 35 Jahre mit dir.
Im Anschluss an den offiziellen Teil wurde noch zwei weitere Stunden geplaudert. Was es mit legendären Aufstiegsfeiern und dem Sozialarbeiter Thomas Rothe auf sich hat, kannst du im zweiten Teil des Interviews nachlesen.